Die Katastrophe im Jahre 79 n. Chr.

 

 

Plinius der Jüngere schreibt in einem Brief über den Tod seines Onkels:

Erat Miseni classemque imperio praesens regebat. Nonum Kal. Septembres hora fere septima mater mea indicat ei apparere nubem inusitata et magnitudine et specie. Usus ille sole, mox frigida, gustaverat iacens studebatque; [...] Er war in Misenum und führte persönlich das Kommando über die Flotte. Am 24. Aug. etwa um die 7. Stunde ließ meine Mutter ihm melden, dass am Himmel eine Wolke von ungewöhnlicher Form und Größe erscheine. Er hatte ein Sonnenbad genommen, kalt gebadet, dann liegend eine Kleinigkeit gegessen und studierte. [...]
Nubes, incertum procul intuentibus, ex quo monte (Vesuvium fuisse postea cognitum est), oriebatur, cuius sumilitudingem et formam non alia magis arbor quam pinus expresserit. Nam longissimo velut trunco elata in altum quibusdam ramis diffundebatur, credo, quia recenti spiritu evecta, dein senescente eo destituta aut etiam pondere suo victa in latitudinem vanescebt, candida interdum, interdum sordida et maculosa, prout terram cineremve sustulerat. [...] Es erhob sich eine Wolke, für die Betrachter war von fern nicht erkennbar, auf welchem Berg (später erfuhr man, es sei der Vesuv gewesen), deren Ähnlichkeit und Gestalt kein anderer Baum mehr als eine Pinie ausdrückte. Denn sie erhob sich wie ein riesiger Baumstamm in die Höhe und verzweigte sich dann in eine Reihe von Ästen, wohl weil ein kräftiger Luftzug sie hochzog, dann nachließ und sie von ihm nicht mehr unterstützt oder durch ihr eigenes Gesicht heruntergezogen sich in die Breite ausdehnte, manchmal weiß, dann wieder schmutzig und fleckig, je nachdem sie Erde oder Asche mit sich hochgerissen hatte. [...]
Iam navibus cinis incidebat, quo propius accederent, calidior et densior, iam pumices etiam nigrique et ambusti et fracti igne lapides, iam vadum subitum ruinaque montis litora obstantia. [...] Schon fiel Asche auf die Schiffe, je näher sie herankamen, desto heißer und dichter, schon auch Bimsstein und schwarze, halbverkohlte, vom Feuer geplatzte Steine, schon ging das Meer zurück und die Strände waren durch die Felsbrocken unpassierbar. [...]
Interim e Vesuvio monte pluribus locis latissimae flammae altaque incendia relucebant, quorum fulgor et claritas tenebris noctis excitabatur.  Inzwischen leuchteten an mehr als einer Stelle  sehr breite Flammen und hohe Brände aus dem Vesuv auf, deren Helle und Klarheit durch die Dunkelheit der Nacht gesteigert wurde.
[...] crebris vastisque tremoribus tecta nutabant et quasi emota sedibus suis nunc huc nunc illuc abire aut referri videbantur.  [...] [...] aufgrund zahlreicher, ungeheuer großer Erdstöße schwankten die Häuser und wie aus ihren Fundamenten bewegt schienen sie bald hierhin bald dorthin zu fallen. [...]
corpus inventum integrum, inlaesum opertumque, ut fuerat indutus; habitus corporis quiescenti quam defuncto similior [...]

                                             (Plin. ep. 6,16)

sein Leichnam wurde unversehrt gefunden, unverletzt und bedeckt, wie er bekleidet war; die Körperhaltung war einem Ruhenden ähnlicher als einem Verstorbenen [...]

      

Die Körper der Opfer wurden von der heißen Asche vernichtet, nicht ihre Formen

 

 

Bis zum 24. August 79

hatten die Menschen wie

überall in den römischen

Städten gelebt.

 

 

Plinius der Jüngere (61 - ca. 113 n. Chr.):

Er war Neffe des im Brief oben erwähnten älteren Plinius, der naturwissenschaftliche Werke verfasst hatte. Von ihm war er auch adoptiert worden.

Im Jahre 100 n. Chr. bekleidete der das Konsulat, 12 Jahre später das Amt eines Statthalters der Provinzen Bithynien und Pontus. Berühmt ist sein Brief (10,69) an Kaiser Trajan aus dieser Zeit. Plinius fragt den Kaiser, wie er mit den Christen verfahren solle.

Sein erhaltenes Werk besteht aus einer Briefsammlung. Sie umfasst ca. 250 Briefe. Darunter findet sich auch der Brief über den Vesuvausbruch. Aber auch sonst bieten die Briefe mit ihrem vielfältigen Inhalt unschätzbare Informationen über das Leben in jener Zeit.

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